Freitag, 9. Januar 2009

Picasso am Strand

"Als Roy von den Klippen hinunter auf den Strand schaute, entdeckte er dort einen Mann, der ein Gesicht in den Sand zeichnete, nicht realistisch, sondern so, als wäre es von mehreren Seiten gleichzeitig zu sehen. Irgendwie erinnerte es an ein Werk von Picasso.
Roy hob das Fernglas an die Augen. Der Mann am Strand war Picasso.
Roys Puls begann zu rasen. Er ging jeden Tag hier spazieren, weshalb er wusste, dass bald die Flut kommen und das Picasso-Orginal überspülen und vernichten würde. Er musste versuchen, es zu retten. Aber wie?
Das Meer konnte er nicht zurückhalten, und vom Sand ließ sich kein Abdruck machen, selbst wenn genügend Zeit gewesen wäre. Sollte er nach Hause laufen und seine Kamera holen? Doch damit konnte er das Werk bestenfalls dokumentieren, nicht bewahren. Und vermutlich wäre es ohnehin schon von den Wellen ausgelöscht, sobald er zurückkäme. Vielleicht war es das Beste, den Anblick zu genießen, solange er sich ihm bot. Roy wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte."

Quelle: "In a Season of Calm Weather" von Ray Bradbury, Wiederabdruck in A Medicine for Melancholy (Avon Books, 1981)

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